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Aus Differenzierungsraum wird Gruppenraum
Aus Differenzierungsraum wird Gruppenraum
Quellenangabe/Fotos: Thedinghäuser Zeitung vom 20.04.2023
Thedinghausen – Der Plan der Verwaltung, im Kindergarten Morsum einen Besprechungsraum im Obergeschoss übergangsweise in einen Gruppenraum umzuwandeln, um zehn zusätzliche Kinder zu betreuen, hat in der Sitzung des Thedinghauser Gemeinderats die Kritik von Erzieherinnen und Eltern hervorgerufen. Aber auch aus den Reihen der Ratsleute wurde im Morsumer Schützen-Centrum Unmut über die Idee geäußert. Allen voran Diethelm Ehlers (SPD) sprach von einer schlechten Lösung.
Darum geht es: Der Abgleich der Anmeldezahlen hat ergeben, dass zum neuen Kindergartenjahr in Thedinghausen zehn Jungen und Mädchen im Kindergartenalter unversorgt sind. Um dieses Problem möglichst schnell zu beheben, hat das Rathausteam um Fachbereichsleiter Sönke Haverich und Kita-Koordinatorin Jasmin Möhlenbrock den Kindergarten Morsum ins Auge gefasst. Der rund 45 Quadratmeter große Besprechungsraum – Älteren vielleicht noch als Lesestube bekannt – ist über einen kleineren Raum zugänglich. Dieses kleine Zimmer soll mit Trennwänden abgeteilt werden, um es als sogenannten Differenzierungsraum weiter nutzen zu können. Es sind ferner zusätzliche Dachfenster und eine Außentreppe als Fluchtweg geplant.
Bürgermeister Thomas Metz hatte als Sitzungsleiter den Tagesordnungspunkt vorgezogen, um den vielen Zuhörenden Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen. Deutlich wurde dabei, dass Erzieherinnen und Eltern nicht glücklich mit der Idee sind. So hieß es, die Sanitäranlagen seien für die Anzahl der Kinder nicht ausgelegt. Und durch den Wegfall des Besprechungszimmers könnten die verschiedenen Aufgaben wie Differenzierungs- und Kleingruppenarbeit (etwa mit den Vorschulkindern) sowie Therapien und Entwicklungsgespräche nicht wie erforderlich ablaufen. Auch sei das Treppenhaus zu steil für die Kinder, die womöglich rasch zur Toilette im Erdgeschoss müssten. Der Kindergarten sei mit den 100 Jungen und Mädchen schon sehr voll. Die Erzieherinnen seien zur Wahrung eines qualitativen Standards verpflichtet, der vor dem Hintergrund des geplanten Umbaus nicht zu verwirklichen sei.
Die Verwaltung, neben Haverich und Möhlenbrock vertreten vom stellvertretenden Gemeindedirektor Roland Link, sagte, sie nehme die Bedenken ernst. Zugleich betonte das Trio, es handele sich um eine Interimslösung, nicht um einen Dauerzustand. Das Land werde „knallhart“ nur einen Umbau genehmigen, der den Richtlinien entspreche, ging Sönke Haverich auf die skizzierten Themen Raumgröße, verbleibende Differenzierungszimmer und Sanitäranlagen ein.
„Wir haben einen Rechtsanspruch zu erfüllen“, betonte Roland Link. Was denn den Eltern gesagt werden solle, deren Kinder keinen Platz im Kindergarten bekämen, richtete er sich an das Publikum. „Gucken Sie mal nach Langwedel, da sind es 70 bis 80 unversorgte Kinder. Ich habe aber keine Lust, alle drei Wochen vor dem Verwaltungsgericht zu sitzen.“ Es gehe pro Fall um ein Klagerisiko in Höhe von 60 000 Euro, führte Haverich aus.
Es gebe in Thedinghausen und Morsum keine baulichen Alternativen. Was denn mit der Sparkassenfiliale sei, wollte SPD-Ratsherr Diethelm Ehlers wissen, der sich bei der Dachgeschosslösung im Kindergarten an der Größe („Das sind keine 45 Quadratmeter, sondern höchstens 21“) und am Treppenaufgang störte. Die Räume der Sparkasse könnten doch genutzt werden. Er habe mit den Verdener Vorständen gesprochen. Und die hätten ihr Einverständnis signalisiert.
Das Sparkassengebäude sei auch geprüft worden, so Haverich, es komme aber nicht in Betracht. Das wäre dann eine neue Einrichtung, keine Zweigstelle des Kindergartens, für die es auch einer neuen Leitung bedürfe. Auch sei das Außengelände herzurichten. Und schließlich benötige man eine Baugenehmigung, warf Bauamtsleiter Frank Bielefeld ein. Für den zügigeren Umbau im Kindergarten rechnet die Verwaltung mit Kosten von circa 46 000 Euro, für die Sparkassenlösung wären rund 250 000 Euro zu investieren, sagte Link am Mittwoch gegenüber dieser Zeitung.
Die zehn Kinder in der Samtgemeinde zu verteilen, wie Hans-Heinrich Meyer (CDU) einbrachte, gehe nicht, so Jasmin Möhlenbrock. Die Ausnahmeregelung, 26 Kinder in einer Gruppe zu betreuen, habe nur als kurzfristige Reaktion auf die Flüchtlingswelle aus der Ukraine gegolten.
Ralph Landwehr (CDU) stöhnte, es gebe nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, gleichwohl sprach er sich für die Umbaulösung aus. Wichtig sei es, eine Dauerlösung zu schaffen, die mit dem geplanten Neubau (an der Lehmstraße / Ecke Rabenweg, d. Red.) angestrebt werde. Dazu tagt der Rat in zwei Wochen – allerdings nicht öffentlich.
Haverich wiederholte, es handele sich ja nur um eine temporäre Lösung für zwei Jahre; wenn man die neue Einrichtung baue, habe man mit dem Sparkassengebäude eine über, die man dann nicht mehr brauche. Möhlenbrock sagte, womöglich könnten sich die Anmeldezahlen noch dahingehend verringern, dass sogenannte Flexi-Kinder (1. Juli bis 30. September geboren) eingeschult würden.
Der Rat sprach sich am Ende mehrheitlich für den Umbau und die Einrichtung der Interimsgruppe aus. Ehlers hatte zuvor an die „Verantwortung“ der Ratsleute appelliert – und deshalb namentliche Abstimmung gefordert. Doch selbst in seiner eigenen Partei war das Unbehagen gegenüber der Umbaulösung offenbar nicht so groß wie bei ihm selbst. Denn neben ihm stimmte bei der SPD nur Petra Roselius dagegen, die anderen drei Sozialdemokraten enthielten sich. Weitere Gegenstimmen kamen von der Unabhängigen Bürgerliste. CDU und Grüne waren dafür. Nach der Abstimmung verließ Ehlers die Sitzung umgehend.
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